
Gabe und Aufgabe
Anspruch, Anruf und Hilfestellung. Impuls zum Dreifaltigkeitssonntag.
Lesejahr C I, 15.6.2025
Schriftwort
Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten.
Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.
Johannes 16,12-13.15
Impuls
Wahrheit – ein großes Wort.
Noch dazu die „ganze Wahrheit“.
Ein Anspruch, der eigentlich schlicht uneinlösbar ist. Zumindest menschlich.
Wahrheit gibt es wohl immer nur unter einem ganz bestimmten Blickwinkel. Welcher Mensch könnte von sich behaupten, über die „ganze Wahrheit“ zu verfügen?
Diese obige Aussage bei Johannes am Ende von Jesu Leben ist wohl vergleichbar mit dem Beginn seiner Sendung, wie sie im Markusevangelium überliefert ist. Auch hier nimmt Jesus göttliche Vollmacht in Anspruch – was die Gegner sofort auf den Plan ruft:
„Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?“
Markus 2,7
Jede Erkenntnis, jedes Talent, jede Fähigkeit bedeutet nicht nur Gabe, sondern zugleich Aufgabe. Unter diesem Gesichtspunkt kann man sich fragen, ob es eigentlich ratsam ist, nach der Wahrheit zu streben. Denn mit jedem Erkenntnisgewinn steigt auch die moralische Verantwortung…
Der „Geist der Wahrheit“ wird uns helfen – sowohl beim Erkenntnisgewinn, als auch beim Tragen der „moralischen Verantwortung“.
„Gib dem Volk, das dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit.“ (aus der Pfingstsequenz)
© nikfai